Ruderwanderfahrt
Unstrud - Saale - Elbe

vom 30.8.2003 bis 7.9.2003

Teilnehmer

Allu
Dirk
Hein
Herbert
Jürgen
Karl-Heinz
Otto
Peter
Theo
Elke, leider nicht.






Wer bringt nun die Boote ins Wasser?




Hat sich doch einer gefunden.





Unser Reservebootshaus




Ein schöner Picnicplatz




Sollen wir lieber in 9 Einern rudern?




Wir nehmen doch lieber die eigenen Boote!




Naumburger Dom mit Uta drinne.




Da ist sie mit Ekkehard.







DDR Design




Gradierwerk




Das Holzgetriebe




Salzgewinnung




dito




dito dito




Burg der Corpsbrüder
Deshalb Rudelsburg genannt




Saale (Fluss, nicht Plural von Saal)




Saale (Zur Erinnerung: Fluss)




Unsere Lieblingsbeschäftigung




Freyburg




Da ist ja die Unstrud




Ich kann es kaum glauben: WASSER!




Unsere Campingausrüstung




in Gebrauch.




Freyburg nicht restauriert




Das größte Fass mit Rührwerk ...




in der Rotkäppchensektkellerei




Naumburg Rathausplatz




nochmal




nochmal, ist so schön.




Unser Restaurant (Rathauskeller)...




von innen.




Halle




Halle




Herbert! Beim Rudern anderherum sitzen!




angekommen




dito




Wir stimmen ein Lied an.




Rathaus Calbe mit Roland




Eines von vielen Bauten in Calbe




Halt, ich bin doch euer Steuermann!




Genug mit Rudern; wir fahren jetzt die Boote.




Theo erzählt gerade einen Witz




Ich habe den nicht verstanden.




Wir auch nicht!




Wir wollen doch wieder rudern.




Theo beim Seldstbildnis.




Wir sind schnell weg.




Schon da.




Jetzt geht's um die Wurst!




Ein grüner Alien beobachtet uns.




Kurs halten!




Elbe




ENDE, schade.




Die Crew, teilweise von hinten. Alle umdrehen!




gut




Ab nach Bochum










Herberts Bericht


Wanderfahrt Unstrut - Saale -Elbe

Sonntag - 31 August

Sonntag Nachmittag, 16.12 Uhr: Die gesteuerten Doppelzweier Felix und Soumi schwimmen in der Schleuse von Laucha. Nach Stunden der Anfahrt über Kassel, Bad Hersfeld, Eisenach, mit Kleinbus, Bootsanhänger und einem PKW endlich Wasser unterm Kiel.
Kurz nach acht Uhr sind sie von der Gibraltar-Bootshalle am Kemnader See gestartet, neun Mann vom Ruderverein "Blaues Band Bochum": Otto, Karl-Heinz, Jürgen, Hein, Theo, Allu, Peter, Dirk und Herbert. Die jüngsten sind sie nicht mehr. Wer unter 70 ist, darf sich zur Jugend rechnen.
Der Älteste, Otto, wird in wenigen Wochen 83. Er ist es, der die Ruderwanderfahrt Unstrut-Saale-Elbe geplant hat. Er hat die Streckenabschnitte eingeteilt, das Kartenmaterial für Steuerleute und Landdienst vorbereitet. Er hat aktuelle Informationen eingeholt und die Hotels gebucht. Klar, Otto ist eine Woche lang der unumstrittene Käpten. Und er rudert selbstverständlich wie die anderen.
Kleiner Zwischenfall auf der A 4: Allu am Steuer des nachfolgenden PKW gibt Zeichen. Eines der Boote hat zu rappeln angefangen. Ausgerechnet in einer endlosen, nur eine Spur freilassenden Baustelle muss das passieren. Hilft nichts, Karl-Heinz jongliert den Zug mit den 12 Metern Hänger zwischen den Sperrbaken hindurch, hält an, das Boot kann wieder festgezurrt werden. Nicht gerade verkehrsregelgerecht sperrt der PKW danach die Fahrspur frei, und der Bootstransport fädelt sich wieder in den fließenden Autobahnverkehr ein.
Ansonsten völlig reibungslose Anreise, freilich nicht wie ursprünglich vorgesehen nach Memleben bei Unstrut-Kilometer 42. Bei seinen letzten telefonischen Erkundungen war Otto von Memlingen abgeraten worden: Wasserstand zu niedrig, ab Laucha dagegen wegen der Vielzahl an Staustufen kein Problem mehr.
Von Laucha aus bleiben noch dreizehneinhalb Kilometer Unstrut bis zur Mündung in die Saale, aber eine Strecke, wo dem Lieben Gott die Landschaft besonders gut gelungen ist.
In Laucha ist großes Reitturnier. Mit der Folge, dass die Zufahrt zur Unstrut kreuz und quer von Autos zugestellt ist. Mit Hilfe von fünf Einweisern schafft´s der coole Mann am Buslenker. Abladen, aufriggern, Boote ins Wasser.
Die ersten vier Ruderer kriegen endlich den Rollsitz untern Hintern und Skulls in die Hände, zwei Steuerleute räuspern die Kommandostimme. Alles fertig - los. Freileich erst mal nur für ein paar Ruderschläge, dann gleiten "Felix" und "Suomi" in die Schleuse Laucha. Auf Geheiß der Schleusenwärterin müssen die Boote in der Trogmitte gehalten werden. Denn die oben recht breiten Schleusenkammern verjüngen sich stufenweise nach unten. Wer da nicht in der Mitte bleibt, sitzt bei ablaufenden Wasser mit einem Mal auf einer Stufe fest - und kippt um.
Eine knappe halbe Stunde dauert´s, bis die Ruderer ihr Dankeschön raufrufen und die Schleusenwärterin gute Fahrt wünscht. Nach ein paar Windungen der Unstrut verebbt der Lärm der Turnierlautsprecher. Grüne Ufer, blauer Himmel. Stille. Nichts als Gegend, würde der Berliner sagen. Nur noch das Platschen und Gurgeln, wenn die Ruder eingetaucht und durchs Wasser gezogen werden. Noch vor zwei Stunden über die Autobahn gebrettert? Kaum zu glauben. Der Beschleunigungsdruck, der auch Rentner und Pensionäre nicht verschont, hier fällt er ab. Stattdessen wohltuende Wirkung der Langsamkeit.
Philosophische Betrachtungen sind das eine, Konzentration auf den Rhythmus und maßvoller Kraftaufwand das andere. Das Boot soll schließlich nicht dümpeln, es soll laufen. Das Auge darf natürlich die schöner werdende Landschaft genießen, die Terrassen der Weinberge, die Schlösser, Burgen und Kirchen auf den Höhen.
In Freyburg endet die Sonntagsetappe. Die Boote dürfen im Bereich der Freyburger Schleuse abgelegt werden. Bus und PKW karren die Mannschaft zurück über Laucha ins erste Quartier, das "Schloss Hotel" in Nebra. Zur ersten Abendspeiserunde tragen fröhliche Serviererinnen auf. Das Bier schmeckt. Ganz zu vermeiden ist in dieser Region ja nicht, das dieser und jener auch einen Schoppen Wein kommen lässt. Aber...
Der erste Tag der Wanderfahrt ist nach allgemeinem Einverständnis ein rundum gelungener. Und um es vorweg zu sagen: die weiteren Tage werden das nicht minder sein.

Montag, 1. September

Unstrut ade. Nur noch gut fünf Kilometer bis zur Mündung in die Saale. Die Sechs, die heute in Freyburg die Boote besteigen, werden die erste Tages-Halbetappe bis Weißenfels rudern, die längere Strecke also in der Saale vorbei an Naumburg.
Der Landdienst hat indessen zu tun. Der Landdienst kauft ein: Brötchen und Fleischwurst, die Grundnahrungsmittel der Wanderruderer, dazu Käse, Butter, Bouletten, Äpfel, Bananen, Saft, Süßes für die Leckermäuler und - zugegeben - pro Nase ein Fläschchen Bier. Der Landdienst holt den in Laucha zurückgelassenen Bootsanhänger. Der Landdienst gerät in einen Sturzregen und sorgt sich um die Kameraden im Boot, die müssen nass wie die Katzen sein. Der Landdienst fährt das Bootshaus in Weißenfels an, das gerade in Renovierung begriffen ist, aber schon jetzt alle Merkmale eines gesegneten Rudervereins zu erkennen gibt. Der Landdienst, freundlich am Bootshaus aufgenommen, streicht Brötchen und hat plötzlich neben sich ein zahmes Nutria-Tier, das keine Fleischwurst mag, aber Brötchen.
Als die beiden Boote den Steg erreichen, sind die Ruderer zwar etwas feucht vom ehrlich vergossenen Schweiß. Aber Regen? Wann hat es denn geregnet?
Die rastende Runde kriegt zu Weißenfels einige Daten zusammen: Hier lebte der Salinenbeamte Friedrich von Hardenberg, der Dichter der Frühromantik, bekannt als Novalis. Hier begann die Neuberin ihre Bühnenlaufbahn. Hier gab es einmal die bedeutendste Lehrerbildungsstätte Deutschlands. Hier wurde Schwedenkönig Gustav Adolf obduziert und identifiziert, nachdem er 1632 in der Schlacht bei Lützen wegen seiner Kurzsichtigkeit dem Feind zu nahe gekommen und so arg zugerichtet vom Heldentod ereilt worden war.
Für die Ruderrecken ist der Ernstfall weit harmloser. Sechs Mann müssen wieder in die Boote. Tagesziel: Bad Dürrenberg. Das nördlichste geschlossene Weinbaugebiet bleibt zurück. Die Landschaft wird beinahe lauschig. Zuweilen gleiten die Boote durch grüne Tunnel. Gezweig ragt bis in die Flussmitte. Hier und da reckt ein toter Baum seine abgestorbenen Äste. Es scheint, als gäbe es in den Landstrichen rechts und links nur noch ein paar Menschen und als wären diese alle Angler.
Von wegen ab Laucha genügend Wassertiefe. In der Unstrut ja, um so mehr überrascht die Saale. Unvermittelt kräuselt sich die bislang spiegelglatte Wasserfläche. Tückische Untiefen. Eines der Boote schrammt über steinigen Grund. Aber außer ein paar Kratzern kein Schaden.
Beim Kanu Club Bad Dürrenberg endet die Tagesstrecke. Boote an Land, kurzes Bier im Kanuten-Bootshaus. Dann mit den Autos wieder zurück, heute nach Naumburg, Hotel "Zur Alten Schmiede". Wir sind eben schneller als unsere Hotels , blödelt einer und trifft eine gültige Feststellung für die ganze Woche.
Das Restaurant der Alten Schmiede hat angeblich keinen Platz mehr für neun Esser. Wie gut, denn die Wirtin vom Naumburger Ratskeller ist ein echter Typ, die Neun fühlen sich bald fast wie bei Gabi am Kemnader See. Keine Frage, dass die Männer am nächsten Abend wiederkommen, denn sie nächtigen zweimal in Naumburg.

Dienstag, 2. September

An mindestens einem Wanderfahrtentag wird nicht gerudert. Damit die Geschichte der durchfahrenen Region nicht nur in Daten erinnert wird, damit aus dem Wissen von Kultur mal wieder - oder überhaupt - Anschauung wird.
Der Dienstag beginnt folglich mit einem geführten Besuch im Naumburger Dom bei Uta und Reglindis. Per Auto weiter nach Bad Kösen mit dem 320 Meter langen Gradierwerk von 1780, dem 180 Meter messenden hölzernen, einst der Förderung der Sole dienenden kunstvollen Doppelfeldgestänge, das sich als "einmalige Kraftübertragungsanlage aus dem 18. Jahrhundert" vorstellt. Anschließend, einem Tipp der Naumburger Ratskellerwirtin folgend, im Kösener Cafe Schoppe bei himmlischem Kuchen gerastet, um als nächstes die Rudelsburg anzusteuern. Von der Rudelsburg den Blick auf die Burg Saaleck genossen. Weiter zum Winzerstädtchen Freyburg und hinauf zur Schwester der Wartburg, dem malerisch oberhalb der Weinterrassen breit hingelagerten Schloss Neuenburg, mit seiner originellen Doppelkapelle und dem Bergfried "Dicker Wilhelm". Der Erlebnistag zu Lande endet in Freyburg, wo Turnvater Friedrich Ludwig Jahn verstarb, nachdem er den Deutschen die Turnkunst beigebracht hatte. Die Neun allerdings haben sich entsprechende Ertüchtigung für die nächsten Tage aufgehoben und besuchen stattdessen die Sektkellerei Rotkäppchen, bevor sie, wie versprochen, wieder bei der Ratswirtin in Naumburg einkehren..

Mittwoch, 3. September

Sehr viel zu tun ist für die Schleusenwärterinnen und -wärter an der Saale nicht. Trotzdem oder gerade deshalb haben sie dienstags und auch mittwochs Ruhetag. Erst ab Halle ist das Ruhebedürfnis anscheinend weniger groß und wird die ganze Woche über Dienst getan. Saaleabwärts von Bad Dürrenberg aus, wo die Wanderboote abgelegt sind, sind auf knapp 30 Kilometern fünf Schleusen in Ruhe.
Also "Felix" und "Suomi" auf den Hänger und im Straßentransport ab in Richtung Halle, zum Ruderhaus Böllberg, das die Hallesche Rudervereinigung Böllberg von 1884 und Nelson von 1874 als eines der Schönsten Bootshäuser Deutschlands vorstellt. Und das ist nicht übertrieben.
Kurz vor dem Ziel erweist sich eindrucksvoll die Nützlichkeit von innerstädtischen Kreisverkehren. Bei der ersten Runde macht der Kopilot neben dem Busfahrer den Kreisel auf der Stadtkarte aus. Während der zweiten Runde identifiziert er die richtige Ausfahrt. Im Verlauf der dritten Runde sagt er lakonisch: hier hättest du raus müssen. Welchen Hinweis der Fahrer in der vierten Runde immerhin präzise befolgt. Seither soll es Hallenser geben, die steif und fest behaupten, Wessis kämen in ihren Kreisverkehren nicht zurecht.
In der Hotel-Etage des Ruderhauses ist für zwei Nächte Quartier gemacht. Für zwei Nächte wohlgemerkt, es ist aber gerade Mittag. Das heißt Boote aufriggern und ins Wasser.
Sechs Mann gehen auf die nächste Strecke bis zum Universitätssportverein am Nordrand von Halle.
Die Brücke mit den bemerkenswerten Großplastiken für Kuh und Pferd durchfahrend meint einer im Boot, nun sei aber alles anders als bislang, sozusagen Stadtrandrudern. Er meint die belebten Ufer, den dichten Verkehr auf den Brücken, die ansehnlichen neuen Wohn- und Bürohäuser in Uferlage, die marode Pracht verfallender Villen und die von einstiger industrieller Kraft zeugenden, heute vor sich hin gammelnden Fabrikgebäude. Halle, eine zwiegesichtige Stadt. Was auf der Rückfahrt, als der Bus sich durch den Stadtverkehr quälen muss, noch eindrücklicher wird. Es wird geschafft und gebuddelt. Vieles ist erneuert und saniert. Aber ganze Fluchten von Wohnhäusern stehen leer und verfallen. Folge auszehrender Abwanderung.
Im Ruderhaus treffen unkomplizierte Fremde auf unkomplizierte Einheimische. Und das geht zum Beispiel so: Als der Wirt das Essen aufträgt, sagt Jürgen, unser Augenoptiker-Meister: "Geben sie doch mal ihre Brille her, ich kann das nicht mehr mit ansehen, wie die sitzt". Der Wirt reicht sein wahrhaft schiefes Augenglas , Jürgen biegt, fingert, prüft und reicht die Brille zurück. Sie sitzt, der Wirt sieht noch freundlicher aus. Am folgenden Abend übrigens kommt der Wirt ohne Brille. Wieso das? - Antwort: "Die muss ich doch jetzt schonen, wer weiß wann ihr wiederkommt."

Donnerstag, 4. September

Tagesziel ist Alsleben. Vom Ruderclub der Halleschen Uni-Sportler aus sind das an die 40 Kilometer. Zweimal werden auf den Teilstrecken die Ruderer, Steuerleute und der Landdienst ausgetauscht.
Die Saale windet sich an den Ausläufern des Thüringer Berglands und des Harzes entlang durch eine an Ortschaften nicht eben arme Region. Jedoch mögen die jeweiligen Heimatforscher es dem durchziehenden Wasserwanderer verzeihen, wenn ihm von den menschlichen Ansiedlungen nicht mehr haften bleibt, als dass ihre Namen fast alle auf -itz enden; von Döblitz bis Zickeritz. Das Bild der Landschaft kontrastiert hart zwischen trist und schön. trist die grauen Städtchen und Dörfer, bezaubernd schön die roten Felsen.
Als die Boote sich nach dem Mittagshalt in Wettin sich der Wettiner Schleuse nähern, stehen die Ampeln auf rot. Und bleiben auf rot. Der Schleusenwärter ist auch per Handy nicht aufzuwecken. Grünes Licht gibt es erst, als Theo, der gerade steuert, sich die steile Uferböschung hochgearbeitet hat und barfuß durchs stachelige Kraut in Richtung Schleuse stakst.
In Alsleben haben statt des Schleusenpersonals an anscheinend die Wassersportler ihren Ruhetag. Jedenfalls ist zum Landgang der Ruderer kein ordentlicher Steg zugänglich. Doch der Landdienst hat vorgesorgt, kunstvoll ein paar Steine an die Wasserkante gepackt, davor einen Baumstamm gelegt - die Mannen können aussteigen, ohne in die Gummistiefel zu wechseln (welche ohnehin längst umfunktioniert sind, indem sie seit Freyburg zur Aufbewahrung einer gewissen Anzahl an Rotkäppchen-Pullen dienen - für die Gattinnen, bzw. Freundinnen).
Für "Felix" und "Suomi" findet sich ein Platz unter Uferbäumen, wo sie dem Schutz der Ruderengel anvertraut werden. Für Neun heißt es zurück nach Halle zum Ruderhaus Böllberg. Dort ist Stimmung: Empfang für die Weltmeisterschaftsteilnehmer. Zwar sind Andreas Hajek und Christian Schreiber in Mailand hinterhergefahren -was ganz ungewohnt ist, wie die respektable Fotostrecke von Böllberger Weltmeistern und Olympiasiegern im Entree des Ruderhauses bekräftig - aber das tut der Fröhlichkeit überhaupt keinen Abbruch. "Jetzt erst recht" steht auf den T-Shirts, die auf breiter Brust herumgetragen werden.

Freitag, 5. September

Am Freitag stehen die letzten Ruder-Kilometer auf der Saale an. Von Alsleben bis Bernburg, dann weiter allerdings nur bis Calbe.
Die Reparatur der Schleuse von Calbe ist schuld daran, dass die Boote am Ende des Freitags einmal mehr auf den Hänger zu hieven sind. Umständlich? - Etwas schon, aber das geht mittlerweile ruck, zuck. Die Neun schaffen das Auf- oder Abladen, das Festzurren oder Lösen der Boote, das Ab- oder Anschrauben der Ausleger, das Herausnehmen oder Einsetzen von Stemmbrettern, Rollsitzen und Bodenbrettern, das Verstauen oder Auspacken der Skulls und allen Zubehörs in rekordverdächtiger Zeit.
Zur Mittagsrast lädt das Freigelände des Bernburger Ruderclubs ein. Die den Berg hochkletternde Stadt, oben das Schloss erzählen von vielen Kapiteln Geschichte: von den Fürsten und Herzögen, die auf den Sandsteinfelsen die mittelalterliche Burg zum einzigartigen Renaissance-Schloss ausbauten - von den Askaniern und später den Anhalt-Bernburgern - von den ursprünglich drei Städten: Altstadt, Neustadt und Bergstadt - von Bürgern, die ihre Wohlhabenheit in heute noch ansehnlichen Renaissance- und Barock-Häusern nach außen kehrten - von den vergangenen Jahren des Solebads Bernburg - von der Entwicklung de salzverarbeitenden Industrie - aber auch von der unseligen Zeit, als die Nazis in Bernburg eine der Mordanstalten betrieben, in denen "Ballastexistenzen" und "Defektmenschen" umgebracht wurden.
Zweite Tagesstrecke Bernburg-Calbe. Bevor die Ruder-Teams am späteren Nachmittag die beiden Türme der Stephanskirche von Calbe auftauchen sehen, waren sie mitten in Bernburg noch eine einmal in die Riesenwanne einer Schleuse eingelaufen. Ganz anders als beim Start auf der Unstrut, wo die Schleusen eher Sportboot-Format hatten, fahren die Boote inzwischen in Schleusenkammern von üppigsten Ausmaßen. Sodass die Ruderer sich vorkommen wie Zwerge in Nuss-Schalen, während der Schleusenwärter drei, vier , fünf Stockwerke über ihnen die Tore öffnet und schließt.
Wahrlich viel Aufwand für wenig Schiff. Der gesprächige Bernburger Schleusenmann hatte zu berichten, am Vortag sei bei ihm gar nichts los gewesen. Heute seien die Ruderer immerhin seine dritte Kundschaft, Vorher sei die Wasserschutzpolizei einmal saaleauf- und einmal saaleabwärts gefahren.
Bei den Kanuten in Calbe ist alles Routine: anlegen, abriggern, aufladen, abfahren ins Hotel. Wie beim Würfelspiel geht es zurück, diesmal zur Tagesausgangsstation Alsleben. Die Neun sind eben schneller als ihre Hotels. Der Hänger mit den Booten kann in Calbe verbleiben.

Samstag, 6. September

Der letzte Rudertag. Verladene Boote in Calbe abgeholt, auf der Straße bis Barby an der Saale-Mündung. Die Laune ist bestens: nach Unstrut und Saale nun noch die Elbe. Das Anfangs etwas hoch gegriffen scheinende Ziel, Magdeburg, ist zu erreichen. Und die Elbe tut, was sie kann. Obwohl in ihrem Bett auch nicht das meiste Wasser fließt, gibt ihre Strömung den Booten noch einen gehörigen Schub.
Der Landdienst hat auf halber Strecke am Rande von Schönebeck einen noch nicht ganz fertigen Rastplatz für Wasserwanderer ausgemacht. Genau der richtige Ort für die letzte Brötchen-Fleischwurst-Pause.
Am Nachtmittag laufen die beiden gesteuerten Doppelzweier in die Magdeburger Alte Elbe ein, ein Seitenarm, der zum kümmerlichen Rinnsal geworden ist. Die Zugänge zu den Anlegestegen vor der Bootshausreihe an Backbord liegen verdammt steil auf der Uferböschung. An Backbord ragt mehrere Meter hoch eine Sandbank über den Wasserspiegel. Die Magdeburger Spaziergänger machen staunend am Ufer halt. Bei Normalwasser ist die Sandbank gar nicht zu sehen. Die ankommenden Ruderer, die da ihre Boote die Ufersteilwand hinaufasten, werden als etwas merkwürdige Erscheinungen angesehen. Denn die heimischen Wassersportler haben sich allen Anzeichen nach auf normaleren Wasserstand vertagt.
Zu xten Mal die eingeübten Handgriffe: Boote transportklar machen, aufladen. Ein letzter Rundblick, ist irgendwas liegen geblieben? (Erst später, zu spät stellt sich heraus, dass diesem Blick was entgangen sein muss.)
Mit den Booten nach Bernburg, ins Nachtquartier "Schloss Fürsteneck" unweit des Schlosses. Letzte Abendrunde im Theater Cafe, fröhlich wie immer. Wehmut? -Fehlanzeige, denn in ein paar Tagen treffen sie sich wieder, dann am Kemnader See.

Sonntag, 7. September

Rückfahrt, A14 an Magdeburg vorbei, A2 über Hannover - Rast zur Vertilgung der Reste an Fourage - Ankunft Kemnader See am frühen Nachmittag.
Und? - An die 200 Kilometer auf dem Wasser zurückgelegt. Die ganze Woche bestes Ruderwetter. Schöne, kulturell reiche Landschaften erlebt. Teamgeist gestärkt und die Knochen ausgiebig bewegt. Verluste? Zwei Skulls und ein Enterhaken sind in Magdeburg liegengeblieben, aber sichergestellt und werden abgeholt. (Das kommt davon, wenn neun Mann sich gleichzeitig darum kümmern, ob alles verstaut ist
Und was noch? Eine Menge Spaß gehabt und so gut wie überhaupt keinen Zoff. Gut und nie zu teuer gegessen und getrunken. Trotz plagender Hallescher Mücken stets angenehm genächtigt. Auf Menschen getroffen, die offen, gastfreundlich, locker und hilfsbereit waren. Die auf ihrem Ladenschluss bestehenden Restaurationsdamen im Naumburger Hotel stellen nur die Ausreißer in einer Reihe von Menschen dar, die in guter Erinnerung bleiben. Wie der Herr, der seine Frau stehen ließ, um den ortsunkundigen PKW-Fahrer auf dem verschlungenen Weg zum Hotel zu begleiten. Oder der andere Ossi, der mit seinem Wagen ein Stück weit den Kleinbus führte. Oder der Polizist, der ein Auge zudrückte, als die Landdienst gelegentlich eine Baustellensperre wegräumte. Oder die zwei Polizisten, die die Businsassen vom Landdienst wie Vips im Konvoi bis zur letzten, schwer zu findenden Anlegestelle geleiteten. (Dass diese Lotsentätigkeit am falschen Bootshaus endete, dafür konnten die Freunde und Helfer nichts.) Oder die Dame, die ganze Stadtgeschichten hervorsprudelte. Vor allem die Sportler von der gleichen Fakultät, die auf alle möglichen Bitten immer die eine - oder ähnlich lautende - Antwort hatten: "Aber klar doch".