Ruderwanderfahrt Main
9.6. bis 16.6.2008

Main
Teilnehmer: Doris, Elke, Ulla und Allu, Dirk, Hein,
Helli, Karl-Heinz, Peter, Jürgen und Herbert

Boot:  



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Herberts Bericht
Episoden einer Mainfahrt



 
Episode Bootshalle Kemnader See
- Es begann mit einem Bruch. Da stand er, unser Jürgen, und hatte die zwei Teile einer zerbrochenen Strebe in der Hand. Statt "Weichei" verladen, steht erst mal "Weichei" reparieren auf dem Programm. Aber wie?

Die herbeigekramten Ersatzstreben passen nicht. Das muss geschweißt werden, stellten die über den Bruch gebeugten Kenner fest. Aber wo?

Schließlich hat Kalla eine Lösung ausgetüftelt. Ein Loch wäre zu bohren, dann und so weiter. Aber war denn überhaupt ein Holzbohrer aufzutreiben? Doch der Himmel lässt seine Altruderer vom "Blauen Band" nicht hängen. Nach einer Stunde oder nach zwei biegen unvermittelt Jürgen und Helli um die Ecke - mit der geheilten Strebe. Helli hatte sich an einen Fahrradzusammenbauer in Stiepel erinnert. Dieser hat seine Schweißapparatur entzündet, alles kostenlos. Strebe wird eingebaut, "Weichei" ist wieder stabil und wird für die Mainfahrt verladen.


Episode Karlstadt
- Inzwischen haben wir den 10. Juni 08. Die erste Main-Teilstrecke von Zellingen aus ist zurückgelegt. Tags zuvor hatten wir in Wertheim das Hotel "Kette" am Ufer der Tauber bezogen und Helli samt faltbarer Villa auf dem Gelände der Rudergesellschaft Wertheimer abgesetzt. Am Marktplatz unterhalb der Burg hatten wir in der Bach´schen Brauerei gut gegessen und noch besser getrunken. Jetzt kommen wir endlich unserer eigentlichen Verrichtung nach: wir rudern. In Karlstadt erste Mittagsrast und ein Besatzungswechsel.

Das Büfett auf der Fiat-Ladefläche ist kahlgegessen. Buletten haben neben Gewürzgurken und Tomaten ihren Magenplatz gefunden. Noch Zeit zum Rumsitzen und ein sonnenbeschienenes Bild abzugeben. Und es wurde ein Bild!

Der Main zieht träge vorbei. Rechts dümpelt "Weichei" am Steg. Jenseits des Wassers steigt das Grün des Waldes an. Mitten darin das helle Gemäuer einer Burg. Darüber türmen sich hoch und höher schneeweiße Wolkenballen auf. Als habe sie jemand eigens zur Schau aufgeblasen. Links am Ufer aber die Perfektion der Ansicht: Helli sitzt im Gras, das schlohweiße Haupt in die Hand gestützt. Helli denkt. Die Luft ist geschwängert von philosophischer Erkenntnis. Für ein Foto viel zu schade. Malen möchte man´s.


Episode Schleuse
- irgendwann im Tages- und Streckenverlauf. Für erfahrene Wanderruderer keinerlei Problem. Für die Mein-Neulinge denn doch gewöhnungsbedürftig. Wie schmal diese Schächte für die Wassersportler sind, merkt der weniger eingeübte Bootsinsasse ja erst, wenn er Meter für Meter abgesenkt wird, bei langgemachten Rudern das Boot vor dem Kippen zu bewahren hat und an der schlierigen Betonwand hochschaut. Wenn nach gefühlten 20 Metern abwärts und bei sich anschleichender Klaustrophobie das hintere Schleusentor sich auftut und die bedienenden Kameraden von hoch oben rufen: "Gute Weiterfahrt!" - dann ist das bei den ersten Malen doch ein bisschen wie eine Passage durchs Tor zur Freiheit. Was übrigens wohl noch deutlicher gefühlt worden wäre, wenn wir gewusst hätten, was auch alten Fahrensleuten in einer Schleuse alles passieren kann..


Kloster-Episode
- 13. Juni (oder war´s an einem anderen Tag?) Hein hat alles bestens vorbereitet und eine Führung vereinbart durch die weitläufige, prächtige Anlag des Klosters Bronnbach im Taubertal unweit von Wertheim. Jeder mag sich seine eigenen Erinnerungen daran bewahrt haben: an den Kreuzgang, die prunkende Kirche, im romanischen Stil erbaut und barock aufgemöbelt, an das Juwel des Josephsaals mit den wunderschönen Deckengemälden, an die eleganten Gewölbe des Kapitelsaals oder an das Brunnenhaus seitlich von Kreuzgang, wo die Mönche und Klosterbrüder Toilette zu machen pflegten. Er mag sich erinnern ans Kalefaktorium, der Wärmestube des Klosters, deren Besichtigung von der kenntnisreichen Führerin mit der Auskunft untermalt wurde, dass die Dormitorien der Patres und Fratres nicht zu beheizen waren und deshalb die Nachtlager eine sehr asketische Angelegenheit gewesen sind - wie übrigens auch die Mahlzeiten, die nur einmal täglich Sättigung erlaubten.

Bronnbach, die vor nun schon 200 Jahren von den Zisterziensern aufgegebene Anlage, wird sicherlich jedem in Erinnerung bleiben wie ein außerordentlich karges gottesfürchtiges Dasein überaus Bewundernswertes planen, bauen und der Nachwelt hinterlassen kann. Und auch, wie diese Nachwelt, jedenfalls in diesem Fall, sorgfältig mit der Hinterlassenschaft umzugehen weiß.


Episode 00 "Weichei" unterwegs
Allu muss mal. Allu muss dringend. Mit Müh´ und Not erreicht die Weichei-Besatzung den nächsten Schleusenbereich. An der erstbesten Anlegestufe Allu nix wie raus aus dem Boot. Die vier im "Weichei" verbliebenen Ruderer männlichen Geschlechts, alle in dem Alter, in dem die medizinische Fachrichtung der Urologie an Belang zunimmt, sehen mit wachsendem Neid, wie sich ein flotter, befreiender, weitreichender, kräftiger Strahl ergießt über dem Mauerrand hinweg ins große Schleusenbecken.


 
Episode Bombe
- 14. Juni 08. Samstag sollte der Tag der Bombe sein. Nie ist einer Bombe mit so viel Erwartung entgegengefiebert worden, wie der Miltenberger Bombe. Rudernd hatten wir Miltenberg bereits am Freitag erreicht, um bei hilfsbereiten Wassersportkameraden ein wohlbehütetes Plätzchen fürs "Weichei" zu finden.

Heiß gemacht sind die Rudersleute, sie sind sozusagen in Bombenstimmung, als sie nach der Nacht in Wertheim am samstags wieder in Miltenberg eintreffen. Um ein Haar freilich wäre die Bombe ins Nichts zerplatzt. Denn der Bombenfabrikant pflegt samstags gar keine Bomben zu fertigen. Unsere Damen müssen ihre schärfsten Waffen einsetzen: ihren Scharm und ihre schönen Augen. Das wirkt, für sie uns wird eine Samstagsproduktiosschicht gefahren.

Kulturbeflissen, wie wir nun einmal sind, nehmen wir die folgende Zeit wahr, um das Städtchen Miltenberg zu genießen: wir streifen durch Straßen und Gassen, lassen uns beeindrucken vom angeblich ältesten Gasthaus Deutschlands mit dem nicht weniger eindrucksvollen Namen "Der Riese", wir bestaunen die schnieken Fachwerkbauten, umkreisen den kunstvoll gestalteten Marktbrunnen und werfen einen Blick in die Jakobi-Kirche. Wie es sich für ein Städtchen wie Mittelberg gehört, wird es überragt von stolzen Burg. Zu dem achthundert Jahre alten Gemäuer stiegen wir hinauf und lassen das Auge über die Reize der Ortschaft und Mainschleife schweifen.

Danach versammeln wir uns unten alle um einen Tisch. Die Bombe wird hereinzelebriert - und wir lassen sie uns schmecken. Denn es handelt sich um die friedlichste Bombe der Menschheitsgeschichte: nämlich um eine Torte, die ein Konditormeister mehrschichtig hoch mit dicken Erdbeeren belegt, um sie unter diesem martialischen Namen seinen Caféhausgästen zu servieren.


Damit keine Zweifel aufkommen: es ist eine RUDERwanderfahrt. Mit den Etappen ( nach Hellis Aufzeichnungen) :

Montag, 9. Juni, Anreise.

Dienstag, 10.6. Zellingen - Karlstadt - Gemünden

Mittwoch 11. 6. Gemünden - Lohr - Rothenfels - Marktheidenfeld

Donnerstag 12. 6 Marktheidenfeld - Campingplatz Nähe A 3 - Wertheim

Freitag 13. 6. Wertheim - Stadtprozelten - Miltenberg

Samstag 14. 6. Miltenberg - Schleuse Trennfurt - Schutzhafen Erlenbach

Sonntag 15. 6. Schutzhafen Erlenbach - Sulzbach - Aschaffenburg

Montag 16. 6. Rückreise

Dabei sind diesmal: Doris, Elke, Ulla und Allu, Dirk, Hein, Helli, Karl-Heinz, Peter, Jürgen und Herbert.

Der Himmel gibt sich durchweg sonnig, wie es unsere Gemüter sind. Einmal legt ein Gewitter eine Ruderpause nahe, ein anderes Mal steigt die Bootsbesatzung nach Bewältigung einer Etappe regentriefend an Land. Jedenfalls kommt das Boot immer dort an, wo es ankommen solle. Autofahrend legen wir insgesamt 1 400 Kilometer zurück, davon 800 zwischen dem Standort Wertheim und den jeweiligen Bootsablageplatz.

Noch ein paar Worte zu Wertheim: Zugegeben, unser Aktionsradius im Städtchen war eng gesteckt. Wertheim hatte es getroffen, unser Stand- und Schlafplatzplatz zu sein, weil es etwa auf der Mitte zwischen Zellingen und Aschaffenburg liegt. Das hat allerdings zur einleuchtenden Folge, dass die allabendlich müden sowie hungrigen Ruderer und Radfahrer das Bestreben haben, es möglichst nahe zu einem Ess- und Trinktisch zu haben. Der eine oder andere stiefelte noch zur ruinösen Burg hinauf, die von unter einen interessanteren Anblick bietet als oben, oder er kommt wenigstens auf halbem Weg zur Kiliankapelle, an deren Brüstung in Rotsandstein der Wertheimer Affe turnt oder er ergötzt sich sonst wo an Putten mit ihren prallen Rückansichten.

Die Regel war jedoch der kurze Weg in die Bach´sche Bauerei, in den Goldenen Adler oder auf die Tauber-Terrasse des Hotels Kette. Das Bier, ob braun oder schwarz, ist gut. Die Weinliebhaber dürfen sich auf Johann Wolfgang Goethe verlassen, der schon 1816 einen Eimer des "guten, reinen Wertheimer" geordert hatte und von dem insgesamt 16 Bestellungen bei seinem Wertheimer Weinhändler belegt sind, mal 60 Flaschen Roten plus 60 Flaschen Weißen, mal den einen oder anderen Eimer, der seinerzeit eine Maßeinheit war von 64 Litern.

Zu danken ist vor allem Hein, der die Fahrt vorzüglich vorbereitet und Allu, der das Auto besorgt hat. Zu danken ist den Autolenkern sowie allen, die durch Anregungen, ihrem Erfahrungsschatz und sparsamen Motz zum Gelingen der Wanderfahrt beigetragen haben. Zu danken ist allen, die dabei waren. Dann, bis zum nächsten Mal!
 



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